Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist ein Wertermittlungsverfahren zur Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken. Die rechtliche Grundlage bilden die Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken  (Wertermittlungsverordnung, WertV). Die Verkehrswertermittlung findet vor allem im Bereich der Baufinanzierung zur genauen Festlegung des Beleihungswertes Anwendung, im Rahmen dessen der ermittelte Ertragswert als Grundlage für den Beleihungswert herangezogen wird.

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Sachbezugskarte
Sachbezugskarte

Beim Ertragswertverfahren wird der Wert der baulichen Anlagen (besonders Gebäude) getrennt vom Bodenwert (Grundstück) auf Grundlage entsprechender Erträge ermittelt. Bodenwert und Wert der baulichen Anlagen ergeben schließlich den Ertragswert des Grundstücks:

Bodenwert
+ Wert der baulichen Anlagen (Endreinertrag)
= Ertragswert


1. Ermittlung des Bodenwertes
Der Bodenwert ist üblicherweise im Rahmen des Vergleichswertverfahrens zu ermitteln, d.h. es „(…) sind Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale (…) mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke) (…)“.

2. Ermittlung des (Ertrags-)Wertes der baulichen Anlagen (Reinertrag)

Der nachhaltig erzielbare jährliche Reinertrag des Grundstücks ist zu ermitteln. Dieser ergibt sich aus dem Rohertrag abzüglich der Bewirtschaftungskosten:

Rohertrag
- Bewirtschaftungskosten
= Reinertrag

Rohertrag
Unter Rohertrag versteht man „(…) alle bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung nachhaltig erzielbaren Einnahmen aus dem Grundstück, insbesondere Mieten und Pachten einschließlich Vergütungen.“ Unberücksichtigt bleiben Umlagen zur Deckung der Betriebskosten. Sollten keine oder vom üblichen Maß abweichende Einnahmen erzielt werden, sind die bei einer Vermietung erzielbaren Einnahmen zugrunde zu legen.

Bewirtschaftungskosten
Dieser Posten setzt sich aus den folgenden Punkten zusammen:

-> Abschreibungen

-> Verwaltungskosten wie …
… Kosten der zur Verwaltung des Grundstücks erforderlichen Arbeitskräfte und Einrichtungen
… Kosten der Aufsicht
… Kosten für die gesetzlichen oder freiwilligen Prüfungen des Jahresabschlusses und der Geschäftsführung

-> Betriebskosten (Kosten, die durch das Eigentum am Grundstück sowie dem zweckmäßigen Gebrauch der Gebäude laufend entstehen)

-> Instandhaltungskosten („(…) Kosten, die infolge Abnutzung, Alterung und Witterung zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der baulichen Anlagen während ihrer Nutzungsdauer aufgewendet werden müssen.“)

-> Mietausfallwagnis (Risiko von Mietminderung oder Einnahmeneinbußen durch leer stehende Räume, Mietrückstände etc.)

Die Verwaltungs- und Instandhaltungskosten sowie das Mietausfallwagnis sind nach Erfahrungswerten/ -sätzen anzusetzen. Die Betriebskosten fließen in ihrer tatsächlichen Höhe mit ein.

Der so ermittelte Reinertrag ist um den Betrag zu mindern, der sich durch angemessene Verzinsung des Bodenwerts ergibt. Der Zinssatz ist üblicherweise der für die Kapitalisierung maßgebende Liegenschaftszinssatz (Zinssatz, mit dem der Verkehrswert von Liegenschaften im Durchschnitt marktüblich verzinst wird).

Reinertrag
- Liegenschaftszins
= zinsbereinigter Reinertrag

Der zinsbereinigte Reinertrag wiederum ist mit einem Vervielfältiger zu kapitalisieren, der sich aus einer gesetzlich vorgegebenen Vervielfältigertabelle ergibt. Er orientiert sich am Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen.

Zinsbereinigter Reinertrag
* Vervielfältiger
= Endreinertrag

Zusammenfassend baut sich das Ertragswertverfahren also auf dem folgenden Grundschema auf:

Bodenwert
+ Wert der baulichen Anlagen (Endreinertrag)
= Ertragswert

Rohertrag
- Bewirtschaftungskosten
= Reinertrag
- Liegenschaftszins
= zinsbereinigter Reinertrag
* Vervielfältiger
= Endreinertrag

 
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